Denis Asimovich

Der Tag des Triumphes. 1. Teil

16 Feb 2010 Artikel
Witalij Rodionow, Mitglied des Verbandes der belorussischen Komponisten

   Jemand, der sich Musik anhört, versteht er sie?

   Jemand, der Musik komponiert, mag er sie?

   Denkt jemand, dessen Musik Tausende Menschen applaudieren, über die Wechselfälle des Schicksals nach?

   Glaubt jemand, der durch Musik der Himmelsphären gefesselt ist, an Gott?

   Aber nur dem,  der eine reine Seele hat, gelingt es, in der Musik ihre menschliche und göttliche Schönheit zu entdecken.

   Eines Tages habe ich in einem Musikstudio der Stadt Grodno eine Prüfung in Klavierspiel besucht. Der blinde Junge Denis Asimowitsch hat gespielt. Man sah, dass er äußerst begabt war. Trotzdem war ich auf seine Zukunft skeptisch.

   Aber  das Schicksal hat es so gewollt, dass Denis lernte Gitarre spielen und beschloss,  professioneller Gitarrist zu werden.

   Bald bestand er Eingangsprüfungen und absolvierte ausgezeichnet die Musikfachschule in der Stadt Grodno (Fach von W.I.Sacharow). Dann absolvierte er wieder ausgezeichnet die Belarussische Musikakademie (Fach von E.M.Griduschko). In derselben Zeit wurde  Denis zum Preisträger von verschiedenen Musikwettbewerben: er gewann den Grand Prix des Shinowitsch-Wettbewerbs in Republik Belarus, dreimal wurde er Laureat des internationalen Gitarrespielerwettbewerbs in Krakau, zweimal in Prag und einmal in Moskau (übrigens nahmen am letzten Wettbewerb 1074 Musiker aus 11 Ländern Europas  und 80 Regionen Russlands teil). Die Gitarre von Denis wurde mit dem zweiten Preis ausgezeichnet.

   Aber die Erfolge haben dem jungen Gitarrespieler aus Grodno den Kopf  nicht verdreht. Er setzte hartnäckig fort, sich zu vervollkommnen: er schätzte sehr hoch die Empfehlungen von Professor der Belarussischen Akademie Walerij Shiwalewskij ein. Mit Enthusiasmus besuchte er Meister-Klasse  von Professor der Russischen Musikakademie Alexander Frautschi. Diese hervorragenden Musiker standen an der Spitze der nationalen Gitarreschulen Weißrusslands und Russlands. Denis sprach immer über sie mit Dankbarkeit, weil diese bekannten Pädagogen ihm halfen, seine künstlerische Persönlichkeit zu bilden.

   In Prag bemerkte der hervorragende Gitarrespieler der Gegenwart Stephan Rak das Talent des jungen weißrussischen Musikers. Er nahm Denis zu sich, zeigte ihm die Geheimnisse der Meisterschaft, ohne zu vergessen, in der Presse zu betonen, dass er auf seinen Schüler stolz wäre. Solche Bewertung zeugt von vielen Errungenschaften des jungen Denis. Das versteht jeder, der die unvergleichbaren Werke von Stephan Rak kennt, der eine Möglichkeit hatte, sich das ergreifende Gitarrespielen des tschechischen Virtuosen anzuhören. Ja, Denis hatte sich ihn zum Vorbild genommen! Der belarussische Gitarrespieler hatte Glück, eine gute Schule des Weltniveaus durchzumachen.

   Aber o weh! In der Heimat verstand man das nicht. Man wollte nicht verstehen. Verschiedene Bürokraten legten dem blinden Musiker  Hindernisse in den Weg zu spielen und zu unterrichten. Sie blieben gleichgültig und verächtlich. Ständig störten sie Denis (Gottbewahre!), auf der Bühne zu spielen.

   Soviel ich mich erinnern kann, habe ich ihm gerade in dieser schweren für Denis Zeit gesagt: „Mach Schluss mit deinem Trübsinn. Wollen wir Musik komponieren!“ So haben unsere Kompositionslehren begonnen.

   Ich hatte die Möglichkeit, mit dem 23 jährigen Mann der hohen Kultur und seltenen musikalischen Begabung zu verkehren. Andererseits war vor mir eine reiche künstlerische Natur mit schon gereiften Musikvorstellungen. Mein Zögling war ein in Europa bekannter Gitarrespieler. Das verpflichtete mich auch. Manchmal schmeichelte es mir, dass ich den Schüler des ruhmreichen Stephan Rak unterrichtete! Aber das fiel mir sehr leicht. Denis verstand mich bei der ersten Andeutung und komponierte ganz selbständig talentvolle Gitarrewerke. Das sind die Etüde „Die Lerche“, das Stück „Zum Andenken an Antonio Lauro“, „Der Walzer, von dem ich geträumt habe“, die Elegie „Winterimprovisation“, „Sternnocturne“.  Zu den größeren Werken gehören Diptich „Zum Andenken an Tscheslaw Drosdewitsch“, „Wermut“(zum Andenken der Tschernobyl-Katastrophe-Opfer), Sonate „Megapolice“, Partita „Jesus Christus“.

 

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